Wer etwas Italienisch spricht, erkennt die Lehnwörter: Das saure Kraut im Primörer Dialekt lässt sich aus dem Italienischen herleiten, capùsi = cavolo cappuccio (Kraut, Weißkohl) und agri = acidi (sauer)!
Wichtigste Zutat ist ein Weißkohlkopf, das kugelrunde Prachtstück aus den Gemüsegärten in den Bergen. Schon roh ist das Kraut sehr wohlschmeckend – lediglich mit Salz, Öl und Apfelessig verfeinert. Um zu Sauerkraut zu werden, ist hingegen ein längerer Fermentationsprozess gefragt.
Sauerkraut selbstgemacht – die traditionelle Gärung
Vor ein paar Jahren hat sich unsere Familie an das Experiment gewagt, wie die Tradition es fordert, in der Woche vor Allerheiligen mit der Sauerkrautherstellung zu beginnen. Die Art der Zubereitung, an die wir uns streng gehalten haben, geht auf die überlieferten Rezepte der Dorfbewohner zurück:
• die späte Kohlsorte verwenden, im Oktober geerntet, und gut waschen,
• die äußeren Kohlblätter ganz belassen und aufheben: damit zum einen den Boden des Gärgefäßes auslegen (einst aus Holz, jetzt Keramik),
• mit einem Krauthobel – bei uns in jedem Eisenwarengeschäft erhältlich den inneren Kohlkopf in feine Streifen schneiden,
• abwechselnd den geschnittenen Kohl und grobes Salz in das Gefäß schichten, bis es voll ist,
• mit den verbliebenen äußeren Blättern abdecken und zum Schluss den Keramikdeckel aufgelegen – einst lediglich ein einfaches Holzbrett, das mit Steinen beschwert war,
• mindestens 40 Tage lang in einem kühlen und trockenen Raum fermentieren lassen, lediglich ab und an den Schaum von der Oberfläche abschöpfen.
Gibt es etwas zu beachten? Das Gärgefäß sollte besser nicht in Riechweite aufbewahrt werden, es verströmt einen durchdringenden Geruch!
Nach Abschluss der Fermentation ist das Sauerkraut ein idealer Begleiter zu Fleischgerichten. Aber auch in einer Hauptrolle, wie es typisch ist für das nun folgende Rezept aus Primiero, macht es sich ganz wunderbar.
Das Rezept: Capùsi àgri coi òsi – Sauerkraut mit Rippchen
Zutaten für 4 Personen
Zubereitung
In einem großen Topf die Zwiebel in wenig Öl oder Butter anschwitzen. Dann Sauerkraut und Fleisch abwechselnd in den Topf schichten und mit einer Schicht Sauerkraut abschließen. Darauf die Wurststücke verteilen. Wenig Wasser hinzugeben und bei geschlossenem Topf auf kleiner Flamme etwa 1 Stunde und 45 Minuten lang gar ziehen lassen. Wichtig: Nicht umrühren und keinen Kümmel hinzugeben (wie es hingegen in Südtirol Usus ist).
Sehr schmackhaft in Begleitung von Polenta, und zwar aus Maisgrieß mit Vollkornanteil in schnittfester Konsistenz – idealerweise im Guss- oder Kupfertopf auf dem Holzfeuer zubereitet. Es empfiehlt sich, die Capùsi agri coi òsi in größerer Menge zuzubereiten, denn auch am Folgetag schmeckt es fantastisch.
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Du bist in der Gastronomie tätig und benötigst knackige Texte auf Italienisch, sodass den Lesern das Wasser im Mund zusammenläuft? Ich übersetze oder texte für dich.
Den auf Italienisch verfassten Originalartikel hat Maren Paetzold ins Deutsche übersetzt – und gleich das eine oder andere Gericht ausprobiert.